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Gloria Nussbaum taucht in die Tiefe ihrer Gefühle

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Bilder von idyllischen Wasserstellen, Lichtern, die von dunkeln Städten verschluckt werden, kunstvolle Fotografien und tiefgründige Zitate schmücken den Instagram-Account von Gloria Nussbaum. Und auch wenn man den Namen davor noch nie gehört hat, kommen bei diesem Anblick Gefühle von Vertrautheit auf. Erst nachdem wir etwas genauer durch den Feed scrollen und inmitten der ästhetischen Bilder auch Instrumente, Plattenspieler und die damit verbundene Liebe zur Musik entdecken, wird allmählich klar, wer eigentlich hinter dem farblich abgestimmten Profil steckt.

Zwischen den scheinbar willkürlich geschossenen Fotos und Schriftzügen entdecken wir schließlich das Gemälde eines Mädchens, das uns mit strengen Augen einen lässigen Schulterblick zuwirft. Mit einer halb abgebrannten Zigarette im Mund wirkt sie, als hätte sie uns angesprochen und würde nun auf eine Antwort warten. Drei Mal entdecken wir sie in dem erwähnten Feed, einmal in Rot, dann in Blau und schließlich in allen entsprechenden Farbnuancen, die dem Mädchen davor gefehlt haben. Seine fragende Aufforderung wird weniger abstrakt, wenn wir auf das Bild klicken und aus dem simplen Gemälde das Cover der ersten eigenen EP „Camel Blues“ von Gloria Nussbaum wird. Doch wer ist die junge Frau, die sich selbst mit den Worten „love of depth and essence in every exercise of the spirit“ beschreibt?

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Von Berlin in die Welt und zurück

Die Künstlerin mit der Liebe zur Tiefe fand diese schon immer in der Musik. In eine musikalische Familie hineingeboren, bewegte Gloria Nussbaum nicht nur ihre Finger bereits mit vier Jahren über Klaviertasten und hangelte sich mit zehn an den Saiten einer Gitarre entlang. Schon mit elf schrieb sie ihren ersten eigenen Song. Kein Wunder also, dass sich die gebürtige Berlinerin bald nach ihrer Schulzeit in Songwriting-Sessions zwischen ihrer Heimat und Los Angeles wiederfand. Gloria Nussbaum blieb bereits da nicht unentdeckt: Während eines Praktikums 2020 in Amsterdam wurde sie als Songwriterin gesignt, was sie nach London verschlug. Zwischen Sessions in ganz Europa lernte Gloria Nussbaum dann auch schließlich zurück in Berlin den Produzenten Dennis Neuer kennen, dessen musikalische Sprache sie auf Anhieb verstand und teilte.

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Der Geschmack von Camel Blues

Was uns zurück bringt zu dem Mädchen mit der abgebrannten Zigarette. Denn die Debüt-EP der Künstlerin mit dem Namen „Camel Blues“ entstand in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Dennis Neuer. Dabei wurde das erste große Soloprojekt von Gloria Nussbaum zu einem Werk, das – wie soll es auch anders sein – in die Tiefe greift. Aus ganzer Leidenschaft schöpfte die Künstlerin Themen direkt aus sich selbst heraus. Daraus formte sie ihr „erstes Stück Herz“, das musikalisch auf sechs Songs pocht. „Als ich meinen Produzenten Dennis Neuer kennenlernte, hatte ich ungefähr 100 unfertige Demos aus den verschiedensten Kontexten, Ländern und Personen. Diese galt es zu sortieren“, erzählt die Künstlerin selbst über die Entstehung der EP, „Wir haben aus dem Fundus das gewählt, was uns beide berührte und schrieben auch zahlreiche neue Songs von null an“.

Von diesem Nullpunkt aus geschah das, was Gloria Nussbaum heute als musikalische Selbstfindung bezeichnet. Auf der EP begibt sie sich von „Twenty“ mit dem Gefühl, dass die frühen 20er die schlimmsten Jahre des Lebens sind, hin zu einer klassischen Klavierballade aus reichlich Herzschmerz namens „Idly“. „Highest Highs“ startet dann den Höhenflug auf melodramatischen Rocksounds und findet im titelgebenden Track „Camel Blues“ zurück zu weichem Post-Punk. Das Projekt verlässt die Künstlerin mit einem gitarrenlastigen „Climax“, von dem sie so schnell wohl nicht wieder absteigt. Denn die eindrucksvolle Stimme und bedeutungsträchtiges Songwriting von Gloria Nussbaum, die „Camel Blues“ vereint, hinterlässt schon nach dem ersten Hören etwas Bleibendes. „Synthesizer treffen auf Gitarrenklänge, Klaviere auf Schlagzeug – und meine Stimme als Mediator dazwischen“, merkt die Musikerin lieblich an.

Glorias tiefes Wasser

Denn wem so viel an der Tiefe liegt wie Gloria Nussbaum, die muss ebenso tief in den eigenen Sinnen gegraben haben, um die richtigen Worte und Klänge zu vereinen. Bei solchen Songs liegt das Talent schließlich darin, die eigenen Gefühle so auf Tonspuren zu bringen, dass sie auf der anderen Seite erneut gespürt werden. Ein Talent, von dem Gloria Nussbaum auf ihrer EP eindeutig von sich behaupten kann, dass sie es besitzt. Während wir die zärtliche Stimme von Gloria Nussbaum erstmal nur durch die EP zu hören ist, können wir gespannt sein, was die Künstlerin in den nächsten Monaten von sich hören lässt. Bis dahin können wir nur hoffen, dass die Camel Blues nie aufgeraucht werden.