Hard In Here – mit END, Cult Leader und Nessel
END / Cult Leader – Gather & Mourn
Ich weiß nicht, wann ich mich zuletzt so auf eine Split-EP gefreut habe. „Gather & Mourn“ ist das erste musikalische Lebenszeichen des Gaza-Nachfolgers Cult Leader seit dem hervorragenden 2018er Album „A Patient Man“. Hoffentlich ist es auch ein Hinweis darauf, dass da bald noch mehr neues Material kommt. Zwei Songs haben die Amerikaner der EP beigesteuert: Das zielstrebige „Ataraxis“, das sich in weniger als zwei Minuten mächtig aufbäumt und in sich selbst zusammenbricht, und das melodisch-weitflächige „Long Shadows“.
Und dann ist da natürlich noch END – eine Core-Supergroup mit (Ex-)Mitgliedern von unter anderem Counterparts, Fit For An Autopsy und The Dillinger Escape Plan, die ihrem Status alle Ehre macht. Neben dem soliden Metalcore-Stampfer „Eden Will Drown“ machen die ihren Split-Kollegen vor allem mit dem Industrial-getränkten „The Host Will Soon Decay“ Konkurrenz, das getrost aus der Feder der Crossover-Überflieger Code Orange stammen könnte.
„Gather & Mourn“ ist eine musikalische wie personelle Tour de force: Das Artwork stammt unverkennbar aus der Feder von Converge-Frontmann Jacob Bannon, die Verantwortung für den Mix teilen sich Converges Kurt Ballou sowie END-Gitarrist und Produzentengröße Will Putney, und bei „The Host Will Soon Decay“ hat Zeal-And-Ardor-Mastermind Manuel Gagneux mal eben Gastvocals rausgehauen. Wie hier Hard- und Metalcore, Post- und Death Metal, Sludge, Noise und Industrial und was weiß ich noch alles zusammenfließen, ist einfach *mwah, chef’s kiss.
Nessel – Gestalt
Black Metaller sind ja eigentlich auch nur verkappte Emos – zumindest diese Hipster-Kids, die (wenn man alteingesessenen Mayhem-Fans Glauben schenken mag) seit einigen Jahren von Berlin und Leipzig aus die Szene überrennen und auf einmal mit so leidigen Themen wie political correctness um die Ecke kommen. Da ergibt es also nur Sinn, dass auch so Genres wie Shoegaze nicht vor ihnen sicher sind. Ihr wisst schon, wie bei Deafheaven.
Da Deafheaven aber mittlerweile eher so naja sind und Burzum doch ein bisschen zu geil finden, freue ich mich über Nachwuchs aus Stuttgart: Nessel haben jüngst ihr sehr gelungenes Debütalbum „Gestalt“ veröffentlicht. Die Mitglieder der Band waren vorher unter anderem bei Mahlstrom, Knife Eyes und Archivist aktiv, was ihren aktuellen stilistischen Mix schon recht gut erklärt. Gleichermaßen roh und atmosphärisch, düster und melodisch treffen Nessel genau da hin, wo es weh tut, was ja zumindest mich sehr glücklich macht.
Feudal Decay – Soiled Plow And Bloodied Steel
Das Bandcamp-Fundstück der Woche stammt von einem Genossen aus Rochester, New York: Feudal Decay ist ein antifaschistisches, anti-kapitalistisches und anti-imperialistisches Ein-Mann-Projekt, das mit seinem Debütsong „Soiled Plow And Bloodied Steel“ meinen persönlichen Soundtrack zum Tod der Queen gestellt hat. #blackmetalresistance
Yellow Eyes – Dagger In The Warm Straw (The Taste Of Teeth Compilation)
Und zum Schluss noch ein überraschendes Comeback, über das ich mich äußerst gefreut habe: Pünktlich zu ihrem Tourstart mit den wundervollen Sun Worship haben Yellow Eyes aus New York einen exklusiven neuen Song zur bislang unveröffentlichten Compilation „The Taste Of Teeth“ beigesteuert. „Dagger In The Warm Straw“ ist die erste neue Aufnahme seit dem 2019 erschienenen Album „Rare Field Ceiling“ und genau die Art von dissonant-hypnotischem Riffageddon, das man sich von der Band wünscht. Ebenfalls auf dem Sampler vertreten sind übrigens unter anderem die niederländische Kollegen Terzij De Horde und Fluisteraars – kann also nur gut werden.
Die Hard in Here Playlist:
Christina Wenig ist Redakteurin, Journalistin und Fotografin aus Berlin. Für Magazine wie Visions und Metal Hammer schreibt sie über Metal, Hardcore und Artverwandtes; auf ihrem Instagram-Kanal teilt sie Live-Eindrücke aus verschwitzten Clubs und sinniert über Feminismus, Antifaschismus, Filme und ihren Hund.