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Maryam.fyi über die Revolution im Iran: Diese Ausgabe ist ein Aufruf. Freiheit und Feminismus geht uns alle etwas an.

Posted in: Kolumne
Tagged: Maryam.fyi

Es ist Freitagabend, der 15. September 2023. Ich liege in meinem Bett in Berlin und gehe auf meinem Handy im Fotoalbum zurück – ein Jahr zurück. Der erste Screenshot kommt von meinem Vater. Eine klassische Krisenmeldung der Tagesschau aus dem Iran: „Proteste im Iran nach dem Tod einer 22-jährigen Frau.“ Ich kriege Gänsehaut und spüre, wie die Tränen in meine Augen schießen. 365 Tage ist es morgen her, dass sich unser Alltag und besonders der von Millionen Menschen im Iran verändert hat. 

Der Schmerz und die Last auf meiner Brust, die ich gerade empfinde, sind kein fremdes Gefühl mehr. 

Morgen vor einem Jahr ist der Tag, an dem ein gerade mal 22-jähriges Mädchen aus Kurdistan, Jina Mahsa Amini, in einem Krankenhaus in Teheran, Iran verstarb, nachdem sie von Mitgliedern der Sittenpolizei stark verletzt wurde. Morgen vor 365 Tagen standen die Menschen in Kurdistan, in Saqqez und protestierten. Die Frauen rissen sich ihre Kopftücher vom Kopf und riefen, gemeinsam mit den Männern, laut: „FRAUEN, LEBEN, FREIHEIT“. Sie fordern seit dem 16.09.2022 laut und über die Grenzen des Landes hinweg: „NIEDER MIT DER ISLAMISCHEN REGIERUNG“ und „TOD DEM DIKTATOR“. 

Wir haben viel resümiert in den letzten 17 Episoden dieser Kolumne, deshalb gehe ich dieses Mal nicht weiter, als zu erwähnen, dass allein im Monat August 74 Menschen in iranischen Gefängnissen hingerichtet wurden. Richtig. Die Todesstrafe wird in der Islamischen Republik ohne viel hin und her und, wie wir mittlerweile leider wissen, mit großer Willkür, durchgesetzt. 

Diese Ausgabe ist ein Aufruf

In den letzten Wochen haben sich die Menschen im Land auf den morgigen Tag vorbereitet. Die Familie von Jina Amini kündigt auf Instagram an, sie werden in ihrer Heimatstadt eine Trauerfeier ausrichten. Das Regime riegelt die kurdische Stadt ab. Über Teheran kreisen Hubschrauber, Militärgefährte werden zuhauf in die kurdischen Regionen des Iran transportiert. Und das Internet, wird immer wieder heruntergefahren, wie wir es bereits aus früheren Tagen der großen Straßenproteste beobachten konnten. Es ist die Waffe, die bleibt, um von hier zu unterstützen und, die die Menschen nutzen, um sich zu organisieren, zusammenzukommen und Bericht zu erstatten. Wann immer das passiert, muss man mit dem Schlimmsten rechnen. Und diejenigen von euch, die nicht erst heute einschalten oder die sich schon ein bisschen mit der Thematik befasst haben, wissen, das Schlimmste tritt ein. So wie sich letztes Jahr am 10. Oktober und den darauffolgenden Tagen ein Massaker in Sanandaj, der Heimatstadt von Rapper @goldmann, zutragen konnte, bei dem die Revolutionsgarden wahllos die protestierenden Menschen auf den Straßen mit scharfer Munition niederschossen. 

Heute will ich nicht ausschweifen. Diese Ausgabe ist ein Aufruf. Bitte: Geht auf die Straßen und demonstriert mit uns, mit all euren iranischen und kurdischen Freund:innen zusammen. Unter @hamedesmaeilion und @susanzare.de, sowie unter www.yekseda.org findet ihr die Demonstration in eurer Nähe.

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#womanlifefreedom
#jinjiyanazadi 
#frauenlebenfreiheit 
#zanzendegiazadi 

Ihr könnt außerdem weitere Medienhäuser und Accounts mit großen Reichweiten verlinken und versuchen, sie darauf aufmerksam zu machen. Damit mehr über den Jahrestag berichtet wird und der Ausbruch an Gewalt, den wir erwarten müssen, nicht undokumentiert bleibt.

Die Proteste im Iran sind nicht vorbei und wir können und müssen sie unterstützen, denn Freiheit und Feminismus geht uns alle etwas an. 

Ich danke euch. 

Baraye Azadi, für Freiheit.