Torben trifft Schmyt zum Campingausflug: „Universum regelt“, Niederlagen & Kleinstadt
Im April 2020 erschien seine erste Single „Niemand“ – ein bittersüßer Banger, der sich mit scheppernden Bässen und schmerzerfüllten Lines dem Leiden eines gebrochenen Herzen hingibt. Doch wer ist dieser Niemand, der bis morgens im Club hängt und auf cool macht? Julian Schmit, der bereits als Sänger der Band Rakede in Erscheinung trat, beginnt mit seinem Song „Niemand“ vor knapp zwei Jahren seine Solokarriere als Schmyt – und ahnt noch nicht, was das für ein Ausmaß nehmen könnte.
Schmyt schreibt Songs wie kein anderer
In ein klassisches „Gerne“ lässt sich der selbsternannte Niemand nicht stecken – das bewies nicht zuletzt seine Debüt-EP „Gift“ im Jahr 2021. Schmyt rappt, singt, fleht, klagt und spielt mit Effekten auf seiner Stimme. Hinzu kommen mal ausufernde Beats, mal atmosphärische Synths, mal klassische Klavier-Chords und zum Schluss dann doch wieder eine poppige Hook. Kurz gesagt: Schmyts Repertoire ist riesig. Doch was seine Songs verbindet, ist die Art und Weise über seelischen Schmerz, verlorene Liebe und unendliches Begehren zu schreiben. Viellicht ein Grund, wieso sich so viele Hörer:innen auf seine Musik einigen und sich mit dieser identifizieren können.
Mit „Universum regelt“ veröffentlichte Schmyt nun kürzlich sein Debütalbum, dass mit 14 Songs eine stattliche Länge bietet. Doch er war ja schon im Vorfeld sehr fleißig. Mit Tracks wie „Ich wünschte, du wärst verloren“ und „Keiner von den Quaterbacks“ oder Features mit Cro und OG Keemo veröffentlichte er insgesamt sechs Singles. Doch wie wir jetzt beurteilen können: Schmyt funktioniert auch auf Albumlänge – das beweisen Albumtracks wie „Scherben und Schnittwunden“ oder „Buddy Holly“, die sich längst zu Fan-Favoriten gemausert haben.
„Scherben und Schnittwunden“ ist wohl eine der schmerzhaftesten und doch liebevollsten Liebeserklärungen, die wir seit langem in Song-Form gehört haben. „Doch wir zwei gehören zusammen wie Scherben und Schnittwunden / Wenn du mich je verlässt, darf ich dann mitkommen?“, singt Schmyt über ein sehr reduziertes Instrumental und sorgt für Gänsehaut am ganzen Körper.
Buddy und Mary statt Bonny und Clyde
Ebenfalls einen dringliche Hörempfehlung sprechen wir an der Stelle für „Buddy Holly“ aus. Ein Song, in dem Schmyt die Beziehung zwischen Buddy Holly und Mary Tyler Moore aufgreift und langweiligen „Bonny und Clyde-Vergleichen“ den Mittelfinger zeigt. Klanglich verbaut Bazzazian, der gemeinsam mit Alexis Troy und Schmyt ein Großteil von „Universum regelt“ produzierte, die spannungsgeladene Zweisamkeit in „Buddy Holly“ zu einer fließenden Laid-Back-Nummer.
Immer wieder blitzen dabei einige wiederkehrende Themen durch: Kaputt sein und Regeneration, in der Liebe und im Leben. Aufwachsen in der Kleinstadt, Coolness um jeden Preis, aber eben doch keiner von den Quarterbacks sein. Nur allzu gerne möchte man aus „Universum regelt“ so etwas wie eine Schmyt-Biografie heraushören, aber ganz so einfach macht es uns der Musiker dann doch nicht, wie wir im Interview erfahren.
Kuriose Kulisse
Besagtes Interview fällt diesmal etwas kurios aus: DIFFUS-Gründer Torben Hodan und Schmyt unternehmen nämlich einen Campingausflug im Umland von Köpenick, inklusive Bootsfahrt zum ausgewählten Campingplatz. Nach dem erbitterten Kampf mit einem etwas eigenwilligen Zelt, führen die beiden mitten in der Nacht unser bisher wohl spätestes Interview.
Natürlich geht es vor allem um das neue Album „Universum regelt“. Wie viel Julian Schmit steckt denn nun in den Songs von Schmyt? Deckt sich seine Kleinstadtjugend mit dem Loser-Typen aus „Niemand“ und der Coming-Of-Age-Geschichte „Keiner von den Quarterbacks“? Es geht um die großen Themen des Albums, Zerstörung, Liebe, Tod. Aber auch um die Banalitäten des Lebens, die geheimen Wahrheiten in Kalendersprüchen, Social Media. Am nächsten Morgen wachen Schmyt und Torben etwas zerknautscht zu stürmischen Windböen auf und wurden anders als befürchtet nicht von einem Baum erschlagen – Universum regelt eben.