What’s Poppin? Ein Geburtstagsgeschenk von Dave und Central Cee
Santan Dave x Cench
Ich starte die Kolumne heute mal mit Glückwünschen und zwar gleich in doppelter Form: Happy Birthday an Dave und Central Cee! Die beiden haben jeweils gestern beziehungsweise vorgestern ihren 25. Geburtstag gefeiert und beschenken zu diesem Anlass nicht sich selbst, sondern ihre Fans. In der letzten Woche veröffentlichten die beiden britischen Nachwuchs-Rapper ihre erste Zusammenarbeit „Sprinter“ – ein Song, der mir sofort zeigte, wie sehr ich diese Paarung in meiner UK Rap-Playlist gebraucht habe. Allgemein kennt man Dave ja eher als die bedachte, introspektive Stimme des britischen Rap-Landschaft, insbesondere nach seinem gefeierten letzten Album „We’re All Alone In This Together“. Central Cee ist dagegen gerade das internationale Aushängeschild der Szene und eher für die hitzigen Ansagen und provokanten One-Liner zuständig, die ihm mit „Doja“ den ganz großen Erfolg eingebracht haben.
Mit der neuen EP „Split Decision“, die das Duo nun an „Sprinter“ angehängt hat, begibt sich nun auch Dave in dieses Terrain und teilt ordentlich aus. Auf vier gemeinsamen Songs lassen die beiden Rapper die VVS-behängten Muskeln spielen, zwischendrin wird es dann aber auf „Our 25th Birthday“ fast schon deep: „Made it out the hood, I might go enroll to a college / And get a uni degree, just to show my mum that I’m sorry / For all the times she was settin‘ them rules I never obeyed / New crib come with a chef and a maid“. Ingesamt ist „Split Decision“ damit ein ziemlich kurzweiliges Projekt, auf dem keiner der beiden Protagonisten je die Überhand ergreift, sondern die Bälle immer fair und vor allem präzise hin und her gespielt werden.
J Hus sieht rot
Wir bleiben im UK und kommen zur nächsten Überraschung, die mich fast noch ein wenig freudiger gestimmt hat als das spontane Zusammentreffen von Dave und Central Cee. Denn die beiden haben uns ja auch schon davor in relativ regelmäßigen Abständen mit ihrer Musik versorgt – was man über J Hus nicht unbedingt sagen kann. Seit seinem gefeierten zweiten Album „Big Conspiracy“, das er 2020 veröffentlichte, war es weitestgehend still um den Rapper aus Stratford, London. Dabei war sein eigenständiger Afroswing-Sound doch so eine erfrischende Abwechslung zum Drill seiner Kolleg:innen, den man langsam eben in all seinen Variationen dann doch etwas satt hat.
Wie gut, dass J Hus nun vor wenigen mit „It’s Crazy“ genauso überraschend auf der Bildfläche aufgetaucht ist, wie er sie verlassen hat und in der Zwischenzeit offensichtlich nichts von den Qualitäten, die ihn einst ausgemacht haben eingebüßt hat. Über den finsteren Beat poltert J Hus mit genauso finsteren Zeilen, ist mehr Luzifer, Vampir und Joker als Rap-Künstler. Da scheint sich über die letzten drei Jahre einiges angestaut zu haben und was auch immer J Hus nach seinem plötzlichen Comeback vor hat – ich bin an Bord.
Spontane Fugees-Reunion
Für die nächste Mitteilung muss ich mich ehrlich gesagt ein wenig aus meinem musikalischen Fenster lehnen: Es gibt um das Roots Picnic, das die namens-gebende Band seit über zehn Jahren in ihrer Heimatstadt Philadelphia veranstaltet. The Roots gibt es schon seit 1987, lange vor meiner Geburt, aber als Live-Begleitung für die „Tonight Show“ mit Jimmy Fallon dürfte die Formation auch jüngeren Generationen ein Begriff sein.
Bei ihrem diesjährigen Roots Picnic konnten sich Besucher:innen auf einen Comedy-Auftritt von Dave Chapelle und musikalisches Programm von Lil Uzi Vert und Glorilla bis hin zu Usher und Lauryn Hill freuen. Und letztere holte dann noch den ganz großen Trumpf aus dem Ärmel beziehungsweise auf die Bühne: Wyclef Jean und Pras Michél. Mit ihren einstigen Bandkollegen gab es also eine Art Mini-Reunion der Fugees, inklusive der ganz großen Hits „Fu-Gee-La“ oder „Ready Or Not“. Ob dieses spontane Zusammenkunft auf der Bühne weitere Konsequenzen haben wird, wissen wir aktuell noch nicht – aber manchmal kann eine Hommage an die Vergangenheit eben auch genau das bleiben, nicht mehr und nicht weniger.
Gunna: Rücken an der Wand
Aktuell hängt ja eine finstere Wolke über dem YSL-Camp. Nach dem RICO-Gerichtsprozess, in dem Young Thug und sein Label als kriminelle Organisation angeklagt wurden, liegt das einstige Trap-Imperium zerrüttet da. So sitzt Thugger selbst bis auf weiteres hinter schwedischen Gardinen und Gunna ist zwar wieder auf freiem Fuß, wird aber von einstigen Freunden und Kollegen wie Lil Baby, Lil Durk oder Lil Got It als Snitch betitelt.
Solche Vorwürfe will der Rapper aus Georgia nun abwehren und veröffentlicht zum ersten Mal seit seiner Entlassung neue Musik. „Bread & Butter“ gleicht einer Flucht nach vorne, Gunna benennt zwar keine klaren Namen, doch wer zwischen den Zeilen lesen kann, weiß ziemlich schnell was Sache ist. Die zentrale Lines finden sich dabei im letzten Part: „Never gave no statement or agreed to take no stand on ’em / On whatever you n****s on, then trust me, I’ma stand on it / Lawyers and the DA did some sneaky shit, I fell for it / On my Ps and Qs because, this time, I be prepared for it, yeah“.
Gunna stempelt seinen Deal mit der Staatsanwaltschaft, der ihm die Freiheit geschenkt hat, als Versehen ab, er sei von den Anwälten herein gelegt worden. Trotzdem leugnet er weiterhin, gegen seine Leute und insbesondere Young Thug ausgesagt zu haben. Diesen Zeilen hört man an, das Gunna und sein öffentliches Image gerade mit dem Rücken zur Wand stehen – eine Situation, die ihn spürbar anspornt, seine Seite der Geschichte zu erzählen. So richtig konkret wird er dabei aber nicht und das ist vielleicht der zündende Funke, der bei „Bread & Butter“ fehlt. Trotzdem wird es spannend, ob Gunna sein Standing in der Szene damit retten kann.