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Das sind die Highlights auf Lana Del Reys Album „Blue Banisters“

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Tagged: Lana Del Rey

„Chemtrails Over The Country Club“ war der erste Streich und der zweite folgt so gleich: Mit „Blue Banisters“ hat Lana Del Rey am vergangenen Freitag ihr nunmehr achtes Studioalbum und (in der Tat) ihre zweite Platte in diesem Jahr veröffentlicht. Erste Einblicke ins Album gewährte uns die Singer-Songwriterin bereits mit vier Singleauskopplungen – zuletzt im September mit der Klavierballade „Arcadia“ und dem vor wenigen Tagen veröffentlichten Musikvideo zu „Blue Banisters“.

Lana Del Rey – Blue Banisters

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Was sich mit besagten Singleauskopplungen schon abzeichnete, bestätigt die Pop-Poetin Lana Del Rey nun mit elf weiteren Songs auf ihrem Album „Blue Banisters“. Hier entführt uns die 36-Jährige für etwas mehr als eine Stunde in ihre Welt aus melancholischem Alt-Pop, ohne dabei an Originalität und Abwechslungsreichtum einzubüßen. Dabei sollte man natürlich bedenken, dass wir hier über ihr mittlerweile achtes (!) Studioalbum sprechen. Und auch wenn es zu Beginn so scheint, als würde sich „Blue Banisters“ auf Lana Del Reys betörender Stimme und dem Zauber ihrer emotionalen Pop-Balladen ausruhen, so wird bei genauerem Hinhören und -sehen deutlich, dass die Platte einige Überraschungsmomente bereit hält.

Scheppernde 808s und mexikanisches Flair

Nachdem die drei Singles „Text Book“, „Blue Banisters“ und „Arcadia“ den Beginn der Platte bilden, folgt das rein instrumentale „Interlude – The Trio“, das seiner überleitenden Funktion zwar nachkommt – jedoch nahezu ohne jegliche Verbindung zu vorangegangenen oder nachfolgenden Tracks. Dieser Umstand ist aber fast schon vergessen, wenn die Trompeten einsetzten und den Vibe einer mexikanischen Mariachi-Band heraufbeschwören.

Doch als wäre an diesem Punkt noch nicht der musikalische Höhepunkt erreicht, setzten nach etwa 20 Sekunden scheppernde 808s ein, bei denen man sich kurz fragt, ob sie hier wirklich richtig sind oder die Abfahrt zu „Donda“ verpasst haben. Ganz so abwegig ist diese Überlegung übrigens nicht, denn für ihr achtes Studioalbum hat sich Lana Del Rey von ihrem „Chemtrails Over The Country Club“-Produzenten Jack Antonoff getrennt und sich stattdessen mit Zach Dawes (Arctic Monkeys, Brian Wilson) und Mike Dean zusammengetan. Letztgenannter war in der Vergangenheit nicht nur für den Sound von Selena Gomez und Madonna verantwortlich, sondern werkelte auch an Kanye „Ye“ Wests letztem Album mit. Aber „Interlude – The Trio“ ist längst nicht das einzige Stück, mit dem Lana Del Rey verblüfft.

Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende

Zugegeben, ganz so „verschreckend“ ist das Ende von „Black Bathing Suit“ zwar nicht, doch selten hat man Lana Del Rey in einem ihrer Songs so theatralisch und aufgelöst gehört, wie hier. „Black Bathing Suit“ startet als klassische Pop-Ballade (und ist übrigens der längste Song des Albums), doch nach etwa dreieinhalb Minuten stellt sich nicht nur rhythmisch eine Art Bruch ein, sondern auch stimmungstechnisch. Unkontrolliert und fast schon verzweifelt schluchzen und krächzen Backing Vocals und eine für ihre Verhältnisse recht unkontrollierte Lana Del Rey gemeinsam mit dem ungezügelten Instrumental um die Wette. Ein Ende, das bei uns einen bleibenden Eindruck hinterlässt.

Lana Del Rey – Black Bathing Suit

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Aber Apropos Ende: Wer auf musikalische Nostalgie steht, dem legen wir auch den Song “If You Lie Down With Me” wärmstens ans Herz. Sein erstklassiges Outro erinnert entfernt an die Swing- und Jazz-Musik der 20er- und 30er-Jahre. Und auch wenn sich Lana Del Rey optisch überwiegend am Stil der 50er- und 60er-Jahre bedient, stehen der 36-Jährigen doch jegliche Art von Zeitreisen gut zu Gesicht.

Wer ist der Unbekannte?

Auch wenn wir an dieser Stelle nur sehr eingeschränkt die Highlights von „Blue Banisters“ besprechen können, sollte eine Anspielstation des Albums an dieser Stelle nicht unter den Tisch fallen. Die Rede ist von „Dealer“. Denn auch wenn es auf den ersten Blick in die Tracklist nicht ersichtlich ist, wird spätestens beim Hören klar, dass es sich hierbei sehr wohl um ein Feature handeln muss. Doch wer ist der Unbekannte mit der honigsüßen Stimme?

An Lana Del Reys Seite erklingt auf „Dealer“ niemand geringeres als Miles Kane, neben Alex Turner der zweite Frontmann der britischen Indie-Pop Band The Last Shadow Puppets, der seit 2011 auch auf Solo-Pfaden wandelt. Gemeinsam erzeugen die beiden Gesangstalente trotz des schleppenden und minimalistischen Instrumentals eine ganz besondere Intensität, die im ganzen Körper spürbar ist.

„Dealer“ sollte übrigens, ebenso wie „Thunder“ und „California“ („Norman Fucking Rockwell!“) ursprünglich auf einem gemeinsamen Album von Del Rey und Kane erscheinen. Das wurde jedoch wieder verworfen. 

Lana Del Rey – Dealer

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Mit überraschenden Gastbeiträgen, eigentümlichen Rhythmen und Sound-Experimenten schafft es Lana Del Rey auch mit „Blue Banisters“ wieder, die Popwelt zu überraschen und für Gesprächsstoff zu sorgen – die thematische Ebene des Albums sogar mal außen vorgelassen. Doch genau das ist es doch, was wir von einer Größe wie Lana Del Rey erwarten, oder nicht? Das Publikum mit Schlagzeile bei Laune halten, musikalisch bei sich selbst bleiben und trotzdem hier und da mal einen Ausflug in fremde Gewässer zu wagen. 

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