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Die 10 besten Alben 2021 national

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Damit ihr euch die besten Alben des Jahres noch einmal ins Gedächtnis rufen könnt, haben wir eine Liste mit den zehn besten Platten zusammengestellt, die 2021 von KünstlerInnen aus Deutschland erschienen sind.

Tristan Brusch – Am Rest

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Die Musik von Tristan Brusch ist wahre Kunst. Er verschwendet keine Zeit damit, sich an Trends oder Strömungen anzubiedern. Tristan Brusch ist Geschichtenerzähler und präsentiert in den Texten seines zweiten Albums „Am Rest“ die schonungslose Wahrheit über die Welt, vor allem aber über das Ende der Dinge. Er erzählt von der Liebe, aber so ganz anders als es die übrige deutsche Pop-Landschaft tut. Songs wie „Das Leben ist so schön“, „2006“ oder „Zwei Wunder am Tag“ sind so unmittelbar, dass es manchmal schon schmerzt. Und genau darin liegt auch die Stärke von Tristan Brusch. Er vermischt Liedermachertum und Chanson, die wichtigste Komponente bleibt allerdings immer seine Stimme, die über minimalistischen Instrumentals thront. Es ist gut und wichtig, dass es auch im Jahr 2021 noch Alben gibt. Vor allem Alben, die uns auf eine emotionale Reise mitnehmen. Und genau solch eine Platte ist „Am Rest“.

Alli Neumann – Madonna Whore Komplex

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Musik ist immer dann besonders, wenn sie etwas bewegt. Und das tut Alli Neumann mit ihrem Debütalbum „Madonna Whore Komplex“. Sie beschreibt auf dem Werk den intensiven Weg ihrer Emanzipation und Befreiung von vielen Rollenbildern und gesellschaftlichen Zwängen, die unbewusst auf ihr lagen. Der Longplayer ist eine feierliche Zelebrierung des Frau-Seins – und zwar in allen Facetten.

Es ist Musik zum Freitanzen, Mut fassen und Nachdenken – die nebenbei mit starker Stimme, fröhlichem Alternative-Pop und bildhaften Lyrics vollkommen unaufdringlich wichtige Messages verbreitet und dadurch umso wichtiger ist. So beschreibt der Song „Frei“ im wahrsten Sinne des Wortes die Befreiung von Zwängen. „kleinigkeit“ lässt auch Zweifel und Schwäche zu und „stadt in satin“ kommt zur wichtigen Erkenntnis, dass Menschen, die einen nicht so akzeptieren wie man ist, einfach die falschen sind. „Ich will eine mehrschichtige Frau sein“, sagt Alli bei uns im Interview und das ist sie mit „Madonna-Whore-Komplex“ definitiv.

Drangsal – Exit Strategy

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Wenn Max Gruber alias Drangsal etwas anpackt, dann macht er es richtig. Vor allem aber mit einer Vehemenz, die ihres Gleichen sucht. Ob Musik, Podcast oder Buch – Drangsal ist Künstler durch und durch und hält dabei alle Fäden in der Hand. Bester Beweis dafür: sein Album „Exit Strategy“. Als wir ihn für eine Dokumentation bei der Album-Produktion begleiten, zeigt sich die akribische Arbeit eines Künstlers, der über jede Hi-Hat und Snare Drum diskutiert, bis alle Details eines Songs perfektioniert sind. Seine persönliche „Exit Strategy“ hat Drangsal mit dem neuen Album in jeden Fall gefunden, denn einer Menge Schmerz steht vor allem die künstlerische Selbstfindung gegenüber. Seine Suche nach Identität führt zu Pop-Hymnen wie „Mädchen sind die schönsten Jungs“, „Urlaub von mir“ oder „Schnuckel“. Drangsal hat sich mit „Exit Strategy“ vom oft so strengen Indie-Korsett befreit und macht das, was er möchte. Und das macht Spaß.

badmómzjay – badmómz.

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Auf ihrem kometenhaften Aufstieg Richtung Deutschrap-Olymp hat Badmómzjay schnell gehypte Newcomer:innen wie auch langjährige Genregrößen hinter sich gelassen. Unzählige Streams, mehrere Gold-Auszeichnungen und ihr authentischer Social Media-Auftritt sind allerdings bei Weitem nicht die einzigen Gründe dafür, dass die 19-Jährige kürzlich den MTV European Music Award als „Best German Act“ gewonnen hat. Sowohl in ihrer Musik, als auch in der Öffentlichkeit setzt sich badmómzjay für ein selbstbestimmtes Frauenbild ein. Außerdem ist sie die Rap-Speerspitze für die LGBTQIA+ Community.

2021 hat sie ihr Debütalbum „badmómz.“ veröffentlicht, welches vor Energie und Gefühlen nur so strotzt. Auf der einen Seite lebt ihr Album von den überaus selbstbewussten Texten mit Battle-Attitüde. Gleichzeitig findet neben dem brachialen Sound von Produzent und Kumpel Jumpa eine emotionale und reflektierende Seite von badmómzjay statt. „badmómz.“ ist ein Drahtseilakt zwischen brutalen Ansagen, der Reflexion des eigenen Struggles und der Verarbeitung von tiefen Gefühlen – eine Herausforderung, die der „Best German Act“ mühelos meistert.

BRKN – Drama

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„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft, zu leben“. Mit diesem bekannten und hoffnungsvollen Zitat aus Hermann Hesses Gedicht „Stufen“ leitet BRKN fast schon flüsternd sein drittes Album „Drama“ ein, für welches er sich knappe vier Jahre Zeit gelassen hat. Wer sich auf die lebensbejahende Energie und lockeren Klänge eingestellt hat, die man noch aus „Einzimmervilla“ von dem Kreuzberger Multitalent gewohnt war, merkte schnell, dass der Name seines neuen Albums Programm ist. „Drama“ ist ein Trennungsalbum, das die düsteren Facetten und Gedanken eines sonst so strahlenden Lebemannes ans Licht bringt. Getrieben von Hunger und Rastlosigkeit, Selbstzweifeln und eiserner Zielstrebigkeit, Betäubung und rohem Gefühl, schüttet BRKN auf elf abwechslungsreichen Anspielstationen sein goldenes Herz aus. Dabei lässt er gleichzeitig tief in die Abgründe seiner lodernden Seele blicken.

Doch nicht nur thematisch erleben wir einen neuen BRKN. Auch was seinen Sound angeht hat sich der Rapper, Sänger, Saxophonist und Produzent hörbar weiterentwickelt. Von modernen Drums und 808’s, über diverse Klavierklänge oder Gospel-artige Gesangseinlagen, die einem die Tränen ins Gesicht zaubern, bis hin zu unverkennbaren RnB- und Funk-Elementen, welche die Hüfte zucken lassen. BRKN schafft es diesen dunkelbunten Mix zu einem zusammenhängenden Soundbild zu schlichten und dabei viele verschiedene Stimmungen und Emotionen bei den Hörer:Innen auszulösen.  

Mine – Hinüber

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Mine macht ihr eigenes Ding. Immer noch und immer wieder. Schreibt selbst, produziert selbst, droppt mit „Hinüber“ ein Überalbum – und kurz darauf dann auch noch Zwillinge. Ihre letzte Show vor Niederkunft spielte sie kugelrund und glücklich. Die zehn Songs auf „Hinüber“ (hier findet ihr unser Videointerview zum Album) sind zu großen Teilen sehr persönlich und/oder politisch geraten. Vor allem der mit Sophie Hunger gesungene Titeltrack und der Albumcloser „Unfall“ sind dramatische, intelligent getextete Bestandsaufnahmen unserer Existenz – die wir gehörig ändern müssen, damit unsere schöne Welt nicht bald „Hinüber“ ist. Preachy oder naseweis wird das alles bei Mine zum Glück nie. Und es gibt auch leichtere Momente, die deshalb um so mehr Spaß machen: „Eiscreme“ zum Beispiel, eine Liebeserklärung an die schönste Sommerdroge der Welt (weil weniger Risiken als MDMA bei ähnlichem Zungenkribbeln) inklusive Eisdielen-Shoutout. Oder „Audiot“, bei dem Mine ihre Buddies Dexter und Crack Ignaz an Bord holt, um gemeinsam über die fragwürdigen Parts des digitalen Musikkonsums zu sinnieren.

Jeremias – golden hour

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Jeremias haben sich spätestens mit dem Release ihres Debütalbums „golden hour“ im Mai dieses Jahres einen wichtigen Platz in den Herzen unzähliger Zuhörer:innen gesichert. Mit ihrem sonnig, warmen Indie-Sounds und vielschichtigen Lyrics sprechen die vier Jungs einer Generation aus der Seele, die irgendwo zwischen Bindungsängsten und Findungsphase festhängt und bei einer Fritz-Kola Zero Zucker der untergehenden Sonne zusieht.

Insgesamt elf Song beheimatet die Platte „golden hour“ und ist ein musikalisches Abbild der Themen, die sich innerhalb der letzten Jahre unterwegs und auf Reisen in den leeren Notizbüchern der Band angesammelt haben. Aus weißen, unbeschriebenen Blättern haben Jeremias mittlerweile jedoch großartige Hit-Singles wie „hdl“ und „nie angekommen“ oder empfindsame Balladen wie „einfach“ oder „weniger“ gemacht, durch die sich – unabhängig vom jeweiligen Stimmungsbild – diese wohlig-warme Sonnenuntergangsstimmung wie ein roter Faden zieht. Ganz nach dem Motto: „Orange und Rot für immer“, wie es Jeremias in „golden hour“ so gut zusammenfassen. 

Shirin David – Bitches brauchen Rap

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Kaum eine Figur im Deutschrap hat dieses Jahr so polarisiert und Welle gemacht, wie Shirin David. Von ihren ganzen Business-Moves und ihrer Öffentlichkeitswirksamkeit abseits der Musik abgesehen, erregte sie auch mit ihrer aussagekräftigen Kunst jede Menge Aufmerksamkeit. Sowohl ihre Singles als auch die dazugehörigen Videos strotzten nur so vor Selbstvertrauen und man merkte schnell: Shirin David geht mit einem völlig neuen Anspruch an ihre musikalische Karriere ran. Das hat man schon in den berüchtigten „Babsi Bars“ zu spüren bekommen, die übrigens als Intro von ihrem zweiten Album „Bitches brauchen Rap“ fungieren.

„BBR“ strotzt nur so vor Attitüde und feministischer Statements. Unzählige weibliche Figuren und Ikonen- ob fiktiv oder real – finden in den geschickten Punchlines Erwähnung. Ob es die Schweizer Fußball-Nationalspielerin Alisha Lehmann oder die US-Amerikanische RnB-Sängerin Macy Gray ist, Kim Possible oder etwa die Hexe Bibi Blocksberg – Shirin David zieht von vielen Frauen Inspiration. Folgerichtig ist der vielleicht stärkste Song des Albums, „Be a Hoe / Break a Hoe“, eine Kollaboration mit Kitty Kat, die mit ihrer Musik schon vor über einer Dekade so manchen heutigen Rapperinnen genug Selbstbewusstsein gegeben hat, um sich selbst mal ans Mikrofon zu stellen. Gleichzeitig schafft Shirin es, den Livestyle einer „famous bitch“ in ihre Strophen zu packen, ohne arrogant oder gar abgedroschen rüberzukommen. Obendrein setzt sie sich mit ihrem bisherigen Werdegang in der Öffentlichkeit auseinander und reflektiert ebendiesen auf eindrucksvolle und persönliche Weise. Kurz: Mit „Bitches brauchen Rap“ schafft Shirin David ein völlig neues Selbstverständnis – für sich, aber auch für alle Frauen im deutschen Hiphop.

Danger Dan – Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt

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Besser hätte man als Label nicht an den Start gehen können: Das eigentlich nur als kleines Herzensprojekt gedachte Klavier-Album von Danger Dan wurde die erste Veröffentlichung auf Antilopen Geldwäsche – und die erste Nummer 1 des Hauses in den Albencharts. Als die nachgepressten Vinyle ausgeliefert wurde, kickte Danger Dan damit das Album „HeimatLiebe“ der Kastelruther Spatzen von der Eins. Kein Witz – sondern nur gerecht. Das Erfreuliche an der Sache: „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ ist nicht bloß der Anhang eines Überraschungshits, sondern wirklich ein wundervolles Songwriter-Album mit elf überzeugenden Liedern. „Lauf davon“ ist zum Beispiel die sehr persönliche Hymne gegen den Agenturjob, auf die wir schon lange gewartet haben. „Ich verprügelte die Sextouristen in Bangkok“ eine Liebeserklärung der etwas anderen Art an Penélope Cruz und „Eine gute Nachricht“ tatsächlich mal ein völlig ironiefreier, zutiefst romantischer, unpeinlicher Lovesong.

Haiyti – Mieses Leben

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Erst vor einigen Wochen hat uns Haiyti mit „Speed Date“ einen hyperaktiven Trip durch alle erdenklichen Genres und Subgenres dieser Welt kredenzt. Dadurch sollte allerdings nicht in Vergessenheit geraten, dass „Speed Date“ bereits das zweite Album ist, das die Rapperin 2021 veröffentlicht. Schon im April erschien mit „Mieses Leben“ ihr Pendant zu „Von der Skyline zum Bordstein zurück“ – Das Album, das nach dem Pop-Höhenflug von „Sui Sui“ und „Influencer“ kommen musste. „Mieses Leben“ ist Haiytis musikalischer Absturz, in die Gosse der Wahlheimat Berlin oder zurück auf die Schanze in Hamburg. Ein Trap-Banger jagt den anderen, berappt mit Haiytis unzähligen Stimmlagen und Flows. Dazwischen mischen sich aber auch Momente der Depression und Einsamkeit, Gedanken, die sich einstellen, wenn man mal nicht mehr in Gesellschaft ist. In diese Kategorie fällt auch der letzte Song des Albums, „Wolken“, der zuletzt als Vorlage für den gleichnamigen Song von Casper gedient hat. Keine Frage: 2021 war ein großes Jahr für Haiyti und es gibt absolut keinen Grund, warum es das nächste Jahr nicht auch sein sollte.

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